Nach Corona – Endlich wieder das große Konzerterlebnis

Nach Corona – Endlich wieder das große Konzerterlebnis

Es ist Sonntagabend und die Sonne meint es gut mit uns. Eine lange Schlange geduldig Wartender schiebt sich in Richtung Eingang der Sühne-Christi-Kirche in Charlottenburg. Alle haben das gleiche Ziel: Das Konzert des Konzertchores Niederschönhausen in Kooperation mit dem E.T.A. Hoffmann-Orchester der Musikschule City-West. Eine monatelange Vorbereitung in diesem einzigartigen Projekt findet seinen Höhepunkt und Abschluss.

Kurz vor dem ersten Ton sind alle Kirchenbänke und zusätzliche hereingetragene Stühle restlos besetzt. Eine erwartungsvolle Stimmung hängt im ungewöhnlichen Kirchensaal. Der weiße, sechseckigen Bau mit dem separaten dreieckigen Turm wurde 1964 eingeweiht. Der Innenraum erhält seine Ausdruckskraft durch die schlichten Ziegelsteinwände und die aus weißem Stein gestalteten Elemente Altar, Kanzel, Taufstein und Triumphkreuz. Eine besondere Atmosphäre umfängt die Besucher und eine wunderbare Akustik unterstützt zusätzlich die nun erklingende Musik.

Stark und selbstbewusst erklingt das „We praise thee, O God“, der erste Chor aus Georg Friedrich Händels „Utrechter Te Deum“. Es wurde aus Anlass des Friedensvertrags von Utrecht im Jahr 1713 komponiert wurde und drückt tiefe Dankbarkeit für das Ende des Krieges ausdrückt – ein Thema, das uns alle bewegt.

Babette Neumann dirigiert mit feinem Gespür für das große Potential des Chores und des Orchesters. Sie leitet den Konzertchor nun schon 12 Jahre und man spürt die Verbundenheit zwischen den SängerInnen und ihrer Musikalischen Leitung. So werden unterschiedliche Nuancen herausgearbeitet und die Überleitungen von und zu den Solopartien gestaltet, die häufig in feinem Wechsel mit Chorpassagen auch große Präzision erfordern. Mit einem bewegenden „Let me never be confounded“ endet Händels Werk. Bei nicht wenigen Zuhörern kommt Gänsehautfeeling auf.

Als Solisten sind wieder sehr junge SängerInnen zu hören. Allesamt StudentInnen der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin und wieder bestens vorbereitet von ihrer Dozentin Anita Keller. Ihr erfrischendes, unkompliziertes und heiteres Auftreten paart sich mit wundervollen Stimmen, die für die Zukunft der SängerInnen Großes ahnen lassen. Der internationale Reigen der fünf Solisten – sie kommen aus Portugal, Katalonien, China und der Türkei – lässt uns zudem die weltumfassende Kraft der Musik im besten Sinne erleben.

Als starker und sehr berührender Kontrapunkt erklingt nun das „Fratres“ von Arvo Pärt, das mit minimalistischer Ästhetik eine spirituelle Atmosphäre schafft und in modernem Gewand vielfältige Bezüge zur Musik von Bach aufweist. Der Solo-Part wird gespielt von der jungen ukrainischen Geigerin Angelina Serafimovych – eine Fügung, die der aktuellen Umstände geschuldet ist und uns an diesem Abend ein wundervolles Klangerlebnis beschert. Im Übrigen singen seit gut einem Jahr auch im Konzertchor drei ukrainische Sängerinnen, die uns sehr ans Herz gewachsen sind. Dieses wundervolle Stück wird von Dinah Backhaus dirigiert, die zusammen mit Matthias Wildenhof 1995 das Orchester gründete.

Johann Sebastian Bachs „Magnificat“ bildet den Abschluss des Konzerts. Dirigiert von Matthias Wildenhof tritt nun auch der dritte Dirigent ans Pult und zündet ein Feuerwerk kraftvoller Chorpartien und sensibler Arien. Der Chor ist mit diesem Werk bereits im Januar in kleinerem Rahmen aufgetreten. Heute nimmt er die neuen Anregungen des Dirigenten auf und erschließt sich damit auch selbst eine weitere Interpretationsvariante des bekannten Bachschen Werkes.

Mit dem „Gloria“ zum Ende des „Magnificat“ scheint an diesem Abend nicht nur der Vater und Sohn gepriesen zu sein, sondern auch alle Singenden, Musizierenden, Dirigierenden und Zuhörenden.

Ein wundervoller Abend und nach der lange Corona-Pause endlich ein Glücksmoment für alle.

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